Finale des „Universum“-Dreiteilers „Der ungezähmte Planet“ führt nach Patagonien – am 2. Juli um 20.15 Uhr in ORF 2 und auf ORF ON.
Der von Justine Allan gestaltete dritte Teil des BBC-Dreiteilers „Der ungezähmte Planet“ über die letzten Paradiese Amerikas, den „Universum“ am Dienstag, dem 2. Juli 2024, um 20.15 Uhr in ORF 2 und auf ORF ON zeigt, führt in den südlichsten Teil des amerikanischen Kontinents – nach „Patagonien“ (ORF-Bearbeitung: Doris Hochmayr):
Nordwestlich grenzt Patagonien an die Ausläufer der Atacama-Wüste. In der unwirtlich erscheinenden Mondlandschaft inmitten schneebedeckter Gipfel schlemmen Flamingos in den Salzlagunen. Sie filtern Algen und kleine Krustentiere aus dem kristallgrünen Gewässer. Die Jungen haben nur drei Monate Zeit, um genügend Reserven für den langen Flug Richtung Südpatagonien zu sammeln. Im April sinken die Temperaturen nachts auf unter minus zehn Grad. Die Oberflächen der Salzseen frieren ein. Wer jetzt noch nicht aufgestiegen ist, hat wenig Chancen, dem rasch herannahenden Winter zu entkommen. Richtung Süden erreichen die Gipfel der Anden mehr als 4.000 Meter Höhe. Die atemberaubende Steinlandschaft ist Heimat eines kleinen Nagers – des Bergviscachas, auch Hasenmaus genannt. Die kaninchengroßen Pflanzenfresser gehören zur Familie der Chinchillas. Sie sind geschickte Höhlenbaumeister und wendige Kletterer in schwindelnder Höhe. Das ausgiebige Sonnenbad mehrmals pro Tag ist weniger Luxus als Lebensretter. Nur so ist die durchdringende Kälte an den Berghängen gut zu ertragen. Doch das Dösen in der Sonne kann böse Folgen haben. Die Andenkatze ist auf die Jagd nach Bergviscachas spezialisiert.
Von den Felsvorsprüngen der Steilhänge starten die wohl imposantesten rezenten Aasfresser: die Andenkondore. Sie gleiten Richtung Osten, um in den Hochebenen nach Fressbarem Ausschau zu halten. Das raue Klima lässt nur noch wenig Vegetation zu. Gräser und kleinwüchsige Büsche geben keine Möglichkeit zur Deckung. Dafür aber genügend Kalorien für die Guanakos, Verwandte des Kamels. In größeren Herden durchforsten sie das raue Land auf der Suche nach den besten Weidegründen. Sie decken ihren Flüssigkeitsbedarf fast ausschließlich durch Gräser und Blätter. Die Ahnen der domestizierten Lamas haben nur einen ernstzunehmenden Feind: den Puma.
Weiter südlich durchbrechen blaue Süßwasserseen die Hochebenen. Diese Wasserinseln sind weltweit die einzige Heimstätte für den Goldscheiteltaucher. Er ernährt sich von Schlammschnecken und Flohkrebsen, in der warmen Jahreszeit bieten Fluginsekten willkommene Abwechslung. Bekannt ist diese Art vor allem für ihr besonderes Balzverhalten – die Partner vollführen synchrone Tauch- und Schwimmbewegungen, die selbst das Neujahrskonzertballett in den Schatten stellen könnten. Westlich der Anden, auf chilenischem Territorium, zeigt sich Patagonien von einer ganz anderen Seite. Hier gedeihen temporäre Regenwälder. Unter dem dichten Laubdach äsen Pudus, die kleinsten Hirsche der Welt, kaum größer als ein Feldhase. Smaragdgrüne Chile-Kolibris sammeln den Nektar aus feuerroten Fuchsien-Blüten. Nachts klettern Chiloé-Beutelratten durchs Geäst. Wo der Wald an die Küste trifft, können die Temperaturen in der warmen Jahreszeit um die 20 Plusgrade erreichen. Für die See-Elefanten zu heiß. Sie nützen die Schatten spendenden Baumkronen, um darunter zu dösen, bevor sie wieder ins Meer zurückkehren, um nach Fischen zu jagen.
Am südlichsten Ende Patagoniens erstrecken sich die größten Eisfelder der Südhemisphäre außerhalb der Antarktis. Hier wandern Gletscher in Fjorden von den Bergmassiven Richtung Küste. Es sind Relikte der letzten Eiszeit, die noch vor 18.000 Jahren die Südanden komplett unter sich begraben hielten. Heute zählen die kilometerlangen Eiszungen zu den am raschesten wandernden Gletschern der Welt. Die Klimaerwärmung verändert die Eislandschaft mit jedem Tag. Ihre Existenz hat Einfluss auf das regionale Klima, an das all die seltenen Tierarten Patagoniens bestmöglich angepasst sind. Das Schmelzwasser gibt Nährstoffe ins Meer frei, die den Artenreichtum unter Wasser in Gang halten. Tausende Magellanpinguine haben hier ein paradiesisches Zuhause. Doch je rascher die Gletscher schmelzen, desto mehr gerät die Nährstoffzusammensetzung der Küstengewässer aus der Balance.